Die Trainingsschool Tag 2 – In der Nähe von New York City
Tag zwei der Trainingsschool begann wieder mit einem äußerst lehrreichen Film. Und zwar über Bakterien. Da das Meisterwerk der visuellen Kunstfertigkeiten irgendwann in den 80ern geschaffen worden war, wurden die gefährlichen Keime mithilfe von 50 cm langen Plastikmonstern dargestellt, die in der Lage waren, sich überall festzuheften.
Wie man es nicht machte: Eine Frau wickelte ihr Kind auf dem Boden, schmiss die volle Windel fröhlich durch die Gegend und wusch sich natürlich nicht die Hände. Als Folge dieser Windel-Eskapaden wurde jeder freie Zentimeter des Zimmers mit fies grinsenden Plastikmonstern zugekleistert.
Wie man es richtig machte: Hände waschen und desinfizieren, Wickelablage desinfizieren, Windel wechseln, dreckige Windel in den Mülleimer werfen, Hände waschen und desinfizieren, neue Wickelablage auflegen, Hände wieder waschen und desinfizieren,….das gewagte Unterfangen gestaltete sich zu einem schier endlosen Prozess, den meine Sitznachbarin mit einem trockenen Kommentar äußerst treffend beschrieb: »Und wenn sie mit dem Desinfizieren fertig ist, hat das Kind gleich schon wieder in die Windel gemacht.« Zwar hatte niemand von uns vor, mit vollen Windeln um sich zu schmeißen, aber ich konnte mich auch nicht erinnern, dass meine Eltern das Zimmer jedes Mal von oben bis unten mit keimtötenden Substanzen eingedeckt hatten.
Da uns vor lauter Keimen schon grün vor den Augen wurde, sollte die Stimmung wieder etwas aufgelockert werden. Dazu wurden wir in verschiedene Gruppen aufgeteilt, je nach Alter unserer Hostkids. Amelie kam mit mir in die Gruppe für Fünf- bis Sechsjährige und wir bastelten erneut ein Plakat. Diesmal zum Thema Ernährung, Entwicklung und Beschäftigungsideen.
Das Workbook musste natürlich auch wieder dran glauben, aber dafür gab es für die meisten während der Mittagspause eine willkommene Überraschung. Riesige Geschenkkörbe für die glücklichen Au Pairs, deren Gasteltern etwas tiefer in die Tasche gegriffen hatten – natürlich gefüllt mit den verschiedensten AP-Artikeln. So gab es mehr und weniger modische Pullover oder Taschen, aber auch, und die errangen die höchste Beliebtheit, ziemlich leckere Cookies. Ich hatte leider keinen Korb bekommen, aber Amelie teilte ihre vielen Schätze großzügig.
Es folgte eine Schulung zum Thema Sicherheit und angebrachten Verhaltensweisen in Amerika. Dafür erwartete uns in der großen Halle ein eher gemütlich aussehender Polizist, den ich mir beim besten Willen nicht bei einer Verbrecherjagd vorstellen konnte. Ein Fragebogen sollte uns helfen, die gängigsten Verhaltensregeln zu verstehen. Was auch bitter nötig war, denn ich kreuzte fast alles falsch an. Wer ist auch so naiv zu glauben, wenn man sich verfahren hat, sollte man einfach jemandem nach dem Weg fragen? Nein, die richtige Antwort wäre gewesen, sich im Auto einzuschließen und solange zu warten, bis die Polizei vorbeikam und einen erlöste.
Der Polizist genoss es sichtlich, vor Hunderten von kichernden Mädchen zu stehen und seine Muskeln spielen zu lassen. Das Spektakel fand seinen Höhepunkt, als er ein armes Opfer aus dem Publikum zu einem Rollenspiel einlud.
»You called 911 so what’s the emergency?«
»Well, I am an au pair and alone at home and…«
»Oh, she is an au pair, she’s 20 years old, she’s alone at home…rawr….what are you wearing?«
»Nothing, I…«
»Nothing?! I’m coming!!«
Dies veranlasste uns irgendwann zu der Überlegung, ob der gute Mann wirklich Polizist war, oder nur ein von AP engagierter Schauspieler. Glücklicherweise endete das Tagesprogramm mit diesem nicht ganz jugendfreien Debakel und wir mussten nicht weiter über diesen doch recht unangebrachten Dialog nachdenken.